Arbeitszeiterfassung im Homeoffice: Was ist Pflicht, was ist sinnvoll?

Arbeitszeiterfassung im Homeoffice

Seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahr 2022 steht fest: Arbeitgeber :innen in Deutschland sind zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet – unabhängig vom Arbeitsort oder der Vertrauensbasis. Doch wie lässt sich das in der Praxis mit Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit vereinbaren?

Die neue Realität: Flexibilität trifft auf Dokumentationspflicht

Mobiles Arbeiten und flexible Arbeitszeitmodelle sind längst in der Mitte der Arbeitswelt angekommen. Gerade Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit gelten als moderne Arbeitsformen, die Mitarbeitenden Eigenverantwortung und Freiheit ermöglichen.

Doch das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im September 2022 klargestellt: Arbeitgeber :innen sind verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzufĂĽhren (§ 3 ArbSchG in Auslegung durch das BAG). Der Gesetzgeber arbeitet seit dem Urteil an einer konkreten Ausgestaltung – aber die Pflicht besteht bereits jetzt.

Was bedeutet das fĂĽr Unternehmen konkret?

Viele fragen sich: Gilt die Pflicht auch bei Vertrauensarbeitszeit? Die Antwort ist: Ja. Auch wenn Mitarbeitende ihre Arbeitszeit selbst gestalten können, mĂĽssen Arbeitgeber :innen dennoch sicherstellen, dass Arbeitszeiten erfasst und dokumentiert werden – auch um Pausenzeiten und Höchstarbeitszeiten gemäß Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zu kontrollieren.

Dabei muss nicht zwangsläufig auf Stechuhr oder minutiöse Kontrolle gesetzt werden. Entscheidend ist, dass Arbeitsbeginn, -ende und Pausen dokumentiert werden können – ob durch manuelle Einträge oder digitale Tools.

Arbeitsschutz im Homeoffice: Burnout erkennen, vorbeugen – mit digitaler Unterstützung

Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen im Homeoffice besonders leicht. Viele Mitarbeitende arbeiten länger als im Büro, verzichten auf Pausen oder sind „ständig erreichbar“. Das kann auf Dauer zu psychischer Überlastung und Burnout führen.

Warnzeichen ernst nehmen:

  • Ständige Erschöpfung trotz ausreichend Schlaf
  • Konzentrationsprobleme und Gereiztheit
  • GefĂĽhl, „nicht mehr abschalten zu können“
  • Arbeit ĂĽber gesetzlich erlaubte Grenzen hinweg

Auch hier kommt die Zeiterfassung ins Spiel – nicht nur zur Dokumentation, sondern auch zur Prävention. Moderne Zeiterfassungstools können hierbei helfen:

  • Transparenz ĂĽber tatsächliche Arbeitszeiten inklusive Ăśberstundenentwicklung
  • Erinnerung an Pausen oder Feierabendzeiten
  • Dashboards fĂĽr FĂĽhrungskräfte, um ungesunde Arbeitsmuster auch bei Remote Work frĂĽh zu erkennen
  • Selbstreflexion fĂĽr Mitarbeitende: Sehe ich meine eigene Belastung?

Burnout entsteht oft schleichend. Ein Tool, das frĂĽhzeitig signalisiert: „Du hast diese Woche 56 Stunden gearbeitet“, kann ein wichtiger Weckruf sein – fĂĽr Mitarbeitende und FĂĽhrungskräfte gleichermaĂźen.

Zeiterfassung im Homeoffice: Herausforderungen & Lösungen

Gerade im Homeoffice stellt sich die Frage: Wie kann Zeiterfassung praktikabel und vertrauensvoll erfolgen? Typische Herausforderungen im Homeoffice sind:

  • Keine stationäre Hardware wie Terminals oder Kartenleser
  • Flexible Arbeitszeiten (z. B. Pausen zur Kinderbetreuung)
  • Unklare Regelungen bei Erreichbarkeit und Kernarbeitszeiten

 

Mögliche Lösungen für Zeiterfassung im Homeoffice sind unter anderen:

  • Digitale Zeiterfassungstools, die per Browser oder App genutzt werden können
  • Selbsteintrag durch Mitarbeitende
  • Integration in bestehende Systeme mit Kopplung von Arbeitszeit- und Projektzeiterfassung

Vertrauensarbeitszeit ≠ keine Zeiterfassung

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass bei Vertrauensarbeitszeit keine Zeiterfassung erforderlich sei. Richtig ist: Die Vertrauensarbeitszeit betrifft das „Wie“ der Arbeitsleistung, nicht das „Wie lange“. Arbeitgeber :innen können weiterhin auf Eigenverantwortung setzen – müssen aber ein System bereitstellen, das die Arbeitszeitdokumentation ermöglicht. Eine rein „gefühlte Kontrolle“ oder freiwillige Notiz reicht rechtlich nicht aus.

Best Practices fĂĽr moderne Arbeitszeiterfassung

Um sowohl gesetzliche Anforderungen zu erfüllen als auch die Unternehmenskultur zu stärken, empfehlen sich folgende Best Practices:

  • Klar kommunizieren, warum Zeiterfassung eingefĂĽhrt oder angepasst wird
  • Einfache, intuitive Tools nutzen, um den Aufwand gering zu halten
  • Datenschutz beachten: Nur notwendige Daten erfassen und transparent damit umgehen
  • Feedback der Mitarbeitenden einholen, um das System praxistauglich zu gestalten
  • Hybride Modelle berĂĽcksichtigen: Regeln fĂĽr BĂĽro, Homeoffice und mobiles Arbeiten mĂĽssen integriert werden

Fazit: Pflicht und Vertrauen sind kein Widerspruch

Arbeitszeiterfassung muss kein Kontrollinstrument sein. Richtig umgesetzt, wird sie zum Werkzeug für Fairness, Transparenz und Selbstorganisation – gerade in hybriden Arbeitsmodellen. Moderne Systeme ermöglichen eine benutzerfreundliche Erfassung, die sich nahtlos in den Arbeitsalltag einfügt.

 

Das Thema Zeiterfassung spielt übrigens auch in der aktuellen Politik ein Rolle. Was die Bundesregierung plant haben wir in diesem Text für Sie zusammengefasst. 

 

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