Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit dem Urteil vom 12. Februar 2025 (Az. 5 AZR 51/24) entschieden, dass ein automatischer Pausenabzug im elektronischen Zeiterfassungssystem nicht automatisch beweist, dass Arbeitnehmer :innen tatsächlich Ruhepausen genommen haben.
Im konkreten Fall klagte eine teilzeitbeschäftigte Assistenzärztin, deren Dienstplan eine tägliche Arbeitszeit von sechs Stunden vorsah. Tatsächlich arbeitete sie jedoch an mehreren Tagen deutlich länger. Unabhängig davon zog die Klinik in der Zeiterfassung automatisch eine Ruhepause von beispielsweise 30 Minuten ab. Die Ärztin machte geltend, dass sie diese Pause aufgrund der hohen Arbeitsbelastung nicht habe nehmen können und währenddessen weitergearbeitet habe.
➡️ Das BAG hob die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück. Es befand, dass der Arbeitgeber durch pauschalen automatischen Pausenabzug nicht belegen kann, wann tatsächlich Pause gemacht wurde und dass die Arbeitnehmerin ihre Überstunden zunächst ausreichend dargelegt hat.
Was das Urteil für die Praxis bedeutet und welche Punkte beim Thema Pausenmanagement wichtig sind, erfahren Sie in diesem Artikel.
Was bedeutet das Urteil in der Praxis ✔️
Pflicht zur nachvollziehbaren Zeiterfassung und Dokumentation
- Arbeitgebende dürfen nicht lediglich mit einem automatischen Pausenabzug arbeiten. Sie müssen dokumentieren, wann Arbeitnehmer :innen pausiert haben und wann nicht. Pausen müssen nachweisbar als solche erfasst sein.
- Für Teilzeitkräfte, die regelmäßig Mehrarbeit leisten oder deren Arbeitszeit sich flexibel verlängern kann, bedeutet das: Pausenregelungen müssen dynamisch, transparent und nachprüfbar sein. Automatische Pausenregelungen reichen nicht aus.
Risiko von Nachforderungen und Nachzahlungen ⚡
- Kommt es vor, dass Pausen nicht genommen wurden, beispielsweise weil die Arbeit dies nicht zuließ, kann die automatisch abgezogene Pause als Arbeitszeit gelten. Arbeitnehmer :innen könnten dann Vergütung für diese Zeiten verlangen, möglicherweise sogar mit Zuschlag (je nach Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Zuschlagsregelung).
- Das Urteil betrifft insbesondere tarifgebundene Bereiche, aber die Prinzipien sind grundsätzlich auch für andere Branchen relevant – insbesondere bei Teilzeit, Schichtarbeit oder flexiblen Arbeitszeiten.
Konsequenzen für Zeiterfassungssysteme und Betriebsvereinbarungen ❕
- Unternehmen sollten prüfen, ob ihre Zeiterfassungssysteme eine tatsächliche Pause-Erfassung zulassen (Stempeln von „Pause Beginn“ und „Pause Ende“ statt ausschließlich automatischer, pauschaler Abzug).
- Betriebs- oder Dienstvereinbarungen mit starren „Festpausen“ müssen ggf. überarbeitet werden – insbesondere wenn Arbeitseinsätze flexibel sind oder sich spontan verlängern können.
- Arbeitgebende sollten sicherstellen, dass sie im Streitfall nachvollziehbar darlegen können, wann Pause gemacht wurde. Andernfalls kann die Annahme von Überstunden durch die Arbeitnehmer :innen gerichtlich bestätigt werden.
Warum das Urteil über automatische Pausenabzüge auch für Nicht-Mediziner :innen relevant ist
Auch wenn der konkrete Fall im Klinikbereich stattfand, sind die Grundsätze weitreichend:
- Die Anforderungen an Arbeitszeiterfassung und Dokumentation gelten grundsätzlich für viele Branchen – insbesondere mit Teilzeit, flexiblen Arbeitszeiten oder Schichtbetrieb.
- Für HR-Abteilungen und Geschäftsleitungen heißt das: Wer mit einer elektronischen Zeiterfassung arbeitet, sollte eine Pause-Erfassung einplanen, die keine Zweifel lässt. Systeme mit reinem automatischem Pause-Abzug sind rechtlich riskant.
- Das Urteil unterstreicht, dass Pausen nicht nur gesundheits- und arbeitsschutzrelevant sind, sondern auch erhebliche Vergütungs- und Haftungsfolgen haben können, wenn sie nicht korrekt dokumentiert werden.
Der Gesundheitsaspekt: Warum gutes Pausenmanagement entscheidend ist
Neben der rechtlichen Grundlage dürfen auch die gesundheitlichen Auswirkungen fehlender Pausenzeit nicht außer Acht gelassen werden. Im Arbeitsalltag stoßen wir immer wieder auf mögliche Ausreden: Ein spontaner Termin in der eigentlichen Pausenzeit, eine wichtige Abgabe oder „einfach vergessen„. Laut Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hält etwa ein Drittel der Beschäftigten die gesetzlichen Pausen oft nicht ein.
Was als Ausnahme oft geduldet, wird bei langfristiger Handhabung für unsere mentale und physische Gesundheit zum Problem: Sinkende Konzentrationsfähigkeit, Zunahme von körperlichen Stressreaktionen (bspw. Kopfschmerzen) bis hin zu einem erhöhten Risiko für Burnout oder Muskel-Skelett-Problemen können die Folge sein.
Die Lösung liegt Nahe: Pausen machen. Genauer: Der richtige Umgang mit unserer Pausenzeit, das sogenannte „Pausenmanagement„.
Die optimale Pause 💡
- Kurze, häufige Pausen (z. B. 5 min pro Stunde) sind oft effektiver als seltene lange Unterbrechungen.
- Eine Erholungspause nach etwa 70–80 min konzentrierter Arbeit
- Bewegte Pausen (z. B. Dehnen, kurzer Spaziergang) reduzieren Verspannungen und unterstützen Erholung.
- Den Arbeitsplatz verlassen oder bewusst den Bildschirm ausschalten kann den Erholungseffekt erhöhen.
Oftmals hilft es, Pausenzeiten fest im Kalender einzutragen und damit sichtbaren Raum für diese zu schaffen. Als Unterstützung in Fokusphasen hat sich die Pomodoro-Technik bewährt. Dies ist eine Methode zum Zeitmanagement, die zeitliche Intervalle verwendet um Arbeits- und Pausenzeiten auszugleichen.
Fazit: Ein Signal für mehr Transparenz
Mit dem Urteil 5 AZR 51/24 sendet das BAG ein deutliches Signal: Pausen sind mehr als ein formaler Block im Dienstplan – ihre tatsächliche Inanspruchnahme muss nachweisbar sein. Für Arbeitgeber bedeutet das: Zeiterfassung und Pausenregelungen dürfen nicht halbherzig gehandhabt werden.
Gerade für Unternehmen mit flexiblen Arbeitszeiten, Teilzeit- oder Schichtmodellen wird eine saubere, nachvollziehbare Zeiterfassung inzwischen zur Pflicht – sowohl aus Sicht des Arbeits- und Tarifrechts als auch aus Compliance- und Haftungsgründen.
Und auch die Folgen für Gesundheits- und Arbeitsschutz sollten beachtet werden. Pausen sind kein Produktivitätsverlust, sondern ein zentraler Schutzfaktor für Leistungsfähigkeit, Gesundheit und langfristige Arbeitszufriedenheit.
Wenn Sie erfahren möchten, wie sich Pausenregelungen rechtssicher in einer digitalen Zeiterfassung abbilden lassen und wie die digitale Erfassung für unterschiedliche Arbeitsplätze gestaltet werden kann, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.