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Zwangsurlaub

Inhalt

Was ist Zwangsurlaub?

Zwangsurlaub bezeichnet eine einseitige Anordnung des Arbeitgebers, bei der Arbeitnehmer verpflichtet werden, Urlaub zu nehmen, ohne dass sie diesen selbst beantragt haben. Diese Form des Urlaubs wird auf das reguläre Urlaubskonto angerechnet und erfolgt in der Regel aus betrieblichen Notwendigkeiten heraus, etwa bei geplanten Betriebsschließungen, witterungsbedingtem Stillstand oder gravierendem Auftragsrückgang.

Wann ist Zwangsurlaub zulässig?

Grundlage für die Urlaubsgewährung ist das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Laut § 7 Abs. 1 BUrlG sind Urlaubswünsche der Mitarbeitenden zu berücksichtigen, sofern nicht dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Zwangsurlaub ist somit nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt – etwa bei Betriebsferien oder wenn ein erheblicher Auftragsmangel vorliegt, der eine planbare Auslastung unmöglich macht. Auch während Naturkatastrophen oder behördlich veranlassten Betriebsschließungen (z. B. in Pandemien) kann eine solche Maßnahme rechtens sein.

Ein Sonderfall sind sogenannte Brückentage: Hier dürfen Arbeitgeber Zwangsurlaub nur dann anordnen, wenn dies betrieblich zwingend erforderlich ist und im Voraus klar kommuniziert sowie sozialverträglich geregelt wurde. Es empfiehlt sich, Brückentage bereits im Jahresurlaubsplan festzulegen.

Betriebsferien und rechtssichere Umsetzung

Zwangsurlaub wird häufig im Rahmen von Betriebsferien angeordnet, z. B. zwischen Weihnachten und Neujahr oder in der Haupturlaubszeit. Um dies rechtssicher umzusetzen, sollte der Arbeitgeber Betriebsferien langfristig ankündigen – idealerweise zu Beginn des Kalenderjahres – und mit dem Betriebsrat abstimmen. Betriebsferien müssen transparent geplant, sozial gerecht verteilt und dokumentiert werden. Der Betriebsrat hat hier gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ein vollumfängliches Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung von Urlaubsgrundsätzen und der zeitlichen Lage des Urlaubs.

Was passiert mit dem Urlaubskonto?

Grundsätzlich wird Zwangsurlaub wie regulärer Erholungsurlaub behandelt: Die Urlaubstage werden vom Jahresurlaubsanspruch abgezogen, das Gehalt wird weitergezahlt. Findet eine Anordnung in einer Zeit statt, für die bereits genehmigter Urlaub genommen wurde, bleibt der eigene Urlaubsanspruch bestehen. Eine einseitige Rücknahme durch den Arbeitgeber ist in der Regel unzulässig.

Wie lange darf Zwangsurlaub angeordnet werden?

Die Dauer von Zwangsurlaub muss verhältnismäßig bleiben. Eine vollständige Urlaubsverplanung durch den Arbeitgeber ist unzulässig. Laut Rechtsprechung darf nur ein angemessener Teil des Jahresurlaubs – je nach Situation etwa 3/5 – im Rahmen von Betriebsferien oder Zwangsurlaub festgelegt werden. Die restliche Zeit soll zur freien Verfügung der Mitarbeitenden stehen.

Darf Zwangsurlaub bei Auftragsmangel verordnet werden?

Bei wirtschaftlichen Engpässen oder fehlenden Aufträgen dürfen Arbeitgeber nicht ohne Weiteres auf Zwangsurlaub zurückgreifen. Eine Anordnung ist nur zulässig, wenn andere Optionen wie Kurzarbeit oder flexible Arbeitszeitmodelle ausgeschöpft wurden. Zudem muss der Betriebsrat einbezogen und die Maßnahme gut dokumentiert werden.

Internationale Regelungen: Österreich und Schweiz

In Österreich ist eine einseitige Urlaubsanordnung durch den Arbeitgeber unzulässig. Urlaub kann nur im gegenseitigen Einvernehmen genommen werden, Zwangsurlaub ist arbeitsrechtlich nicht vorgesehen.

In der Schweiz gilt ähnliches: Arbeitgeber können zwar Betriebsferien anordnen, müssen dies aber rechtzeitig ankündigen (mindestens drei Monate vorher) und auf die persönliche Situation der Angestellten Rücksicht nehmen. Übermäßige oder kurzfristige Anordnungen können angefochten werden.

Branchen mit typischer Zwangsurlaubspraxis

Zwangsurlaub tritt besonders in folgenden Branchen auf:

  • Einzelhandel: Bei Inventur oder in umsatzschwachen Zeiten
  • Gastronomie & Tourismus: In der Nebensaison oder bei Betriebsferien
  • Baugewerbe: Witterungsbedingte Schließungen in den Wintermonaten
  • Verwaltung & Bildung: Während der Ferienzeiten oder Jahreswechsel
  • Industrie & Fertigung: Produktionsstillstand, Wartungsphasen oder Betriebsstilllegungen

Fazit

Zwangsurlaub darf nur unter bestimmten, gesetzlich definierten Voraussetzungen verhängt werden. Arbeitgeber sind gut beraten, eine offene Kommunikation zu pflegen, den Betriebsrat frühzeitig einzubinden und die Anordnung gut zu begründen. Nur so kann die Maßnahme sozialverträglich und rechtssicher umgesetzt werden.

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